Positionspapier

Der „Verein CULTURA“ ist der Dachverband für die Interessenverbände der Schweizer Kulturinstitutionen. CULTURA will den Berufstheatern, Orchestern und Konzertveranstaltern, Museen, Bibliotheken, Buchhandlungen und Verlagen sowie Kunsthochschulen spartenübergreifend und auf nationaler Ebene eine gemeinsame Stimme geben und ihre kulturpolitischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen vertreten.

Mit der Gründung von CULTURA haben namhafte Kulturverbände, namentlich der Schweizerische Bühnenverband (SBV), der Verband der Museen der Schweiz (VMS), der Dachverband der Schweizer Berufsorchester (orchester.ch), der Schweizer Kunstverein, die Fotostiftung Schweiz sowie Bibliothek Information Schweiz (BIS) den Grundstein gelegt, um die spezifischen Interessen von Kulturinstitutionen der ganzen Schweiz zu unterstützen und zu schützen. Der Dachverband mit Sitz in Bern, der vom ehemaligen Ständerat Felix Gutzwiller präsidiert wird, ist Anhörungs- und Mitwirkungspartner der Behörden von Bund, Kantonen sowie Städten und Gemeinden.

Der Dachverband tritt für Rahmenbedingungen ein, die kulturelles Schaffen ermöglichen, die Vermittlung sicherstellen und den kulturellen Austausch in der Schweiz und mit dem Ausland fördern. Dabei strebt er auch Beziehungen und Allianzen mit anderen in- und ausländischen Verbänden und Organisationen an, mit welchen gleiche oder ähnliche Interessen bestehen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Entwicklung im europäischen Raum.

Der Verein CULTURA will die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass Kulturinstitutionen eine gestalterische und schöpferische Aufgabe haben und dass sie mitverantwortlich sind für das hohe Ansehen des Schweizer Kunst- und Kulturschaffens im In- und Ausland. Die Theater (Musik-, Tanz- und Sprechtheater), Konzertveranstalter und Orchester, Museen, Bibliotheken, Buchhandlungen und Verlage sowie Kunsthochschulen stellen ihre Infrastruktur in den Dienst des Kunst- und Kulturschaffens. Sie bieten aber nicht nur Plattformen für die öffentliche Wahrnehmung künstlerischer Werke; vielmehr sind sie aktiv an der Produktion bzw. Realisierung von Werken beteiligt, häufig geben sie gar den Anstoss dazu. Neben den Förderkrediten der öffentlichen Hand sind es insbesondere diese Institutionen, die den Tänzern, Schauspielern, Sängern, Musikern, Schriftstellern, bildenden Künstlern und Gestaltern nach ihrer Ausbildung an einer Kunsthochschule ein Auskommen ermöglichen.

Als Anhörungs- und Mitwirkungspartner der zuständigen Behörden auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Ebene im Bereich von Gesetzgebung, Verordnung und Gesetzesvollzug wie zum Beispiel Urheberrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht setzt sich der Verein CULTURA über die Sprachgrenzen hinweg für die gemeinsamen Interessen der Kulturunternehmen ein. Im Vordergrund stehen folgende Gebiete oder Anliegen:

Kulturelle Bildung

Der Verein CULTURA setzt sich für eine Verbreitung der kulturellen Bildung ein. Der demographische Wandel und damit einhergehende neue Kulturangebote stellen insbesondere die frühe kulturelle Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt. Neben der Unterstützung der Lese- und Sprachkompetenzen sowie der Musikförderung soll in Schulen und Lehrplänen – angesichts der heutigen Allgegenwart der Bildsprache und des Audiovisuellen ein besonderes Augenmerk auf die entsprechenden Kompetenzen gelegt werden (media literacy).

Kulturproduktion

Kulturinstitutionen sind unverzichtbare Stützen und Akteure der Kulturproduktion, sie sind die Partner der individuellen Kulturschaffenden. Sie leisten wichtige Beiträge zur Entstehung, Gestaltung und Vermittlung von Werken, sei es durch die Finanzierung von Produktionskosten, sei es durch konzeptionelle, kuratorische oder editorische Arbeit. Bei der Erteilung von Werkaufträgen, in der Aufführung von Bühnenwerken, durch die Interpretation von Musikstücken oder durch die Produktion von Ausstellungen und Publikationen nehmen sie aktiv an schöpferischen Prozessen teil. Die Kulturinstitutionen sind Garant dafür, dass die Arbeit der Kulturschaffenden öffentlich zugänglich gemacht und diskutiert wird. Durch ihre Programmgestaltung sind sie auch massgeblich an der gesellschaftlichen Bewertung der kulturellen Produktion beteiligt. CULTURA setzt sich dafür ein, dass Kulturinstitutionen als bedeutende Träger der Kulturproduktion anerkannt werden.

Kulturvermittlung

Der durch Digitalisierung bedingte Wandel der letzten beiden Jahrzehnte hat dazu geführt, dass die Bevölkerung zunehmend mit einem globalisierten Kulturangebot konfrontiert wird. Es ist absehbar, dass dieser Trend sich fortsetzen und noch verstärken wird. Die Folgen dieses technologischen Wandels für die Vermittlung von Kultur sind widersprüchlich. So hat das Internet es einerseits ermöglicht, dass erstmals unterschiedliche Kulturproduzenten mit nur geringer finanzieller Basis oder ohne grosse Verlags- oder Musikhäuser im Hintergrund ihr Angebot regional, national und international verbreiten konnten. Entstanden ist so eine grosse Anzahl neuer, vielfältiger kultureller Angebote wie auch neuer kultureller Finanzierungsmodelle (wie Crowdfunding). Andererseits findet gleichzeitig eine globale Massenkonfektionierung kultureller Angebote statt. CULTURA setzt sich dafür ein, dass die Vielfalt von Sprachen, kulturellen Mentalitäten, Haltungen und Ausdrucksweisen auch in einer globalisierten Welt wahrnehmbar bleibt, gefördert wird und ihre Wirkung entfalten kann. Dies kann etwa durch Schaffung unterschiedlicher, alternativer verlegerischer Plattformen für Film, Literatur oder für das Musikschaffen der Schweiz geschehen.

Kulturbewahrung

CULTURA versteht das Bewahren von kulturellem Erbe als wesentliches Fundament jeden Kulturschaffens. Kulturbewahrung und Kulturschaffen bedingen sich wechselseitig. Ohne die Überlieferung von Traditionen, ohne Kenntnisse von Bräuchen, Kulturen und Moden, ohne Zugang zu Kunst und Artefakten wäre das Kulturschaffen anspruchslos und unkritisch. Schriftsteller, Filmemacher, bildende Künstler, Komponisten, Gestalter oder Interpreten brauchen Bibliotheken, Archive und Museen. Kulturschaffende und Gesellschaft sind auf solche Gedächtnis- und Interpretationsinstitutionen angewiesen. CULTURA setzt sich für das gegenwärtige Kulturschaffen und gleichzeitig für private und öffentliche Institutionen ein, die Kultur bewahren.

Kulturberichterstattung

Kultur erreicht die Öffentlichkeit erst über Vermittlung und Kommunikation. Dafür sind nicht nur kulturelle Institutionen verantwortlich, Kultur wird auch über die mediale Kulturkritik zugänglich gemacht. Die Medienlandschaft kämpft jedoch mit dem kontinuierlich zunehmenden ökonomischen Druck auf die Kostenstrukturen einer Redaktion. Dies wirkt sich unabwendbar auf die Kulturberichterstattung aus. So können sich anerkannte und richtungsweisende Rezensenten, die das laufende Kulturangebot medial aufbereiten und vermitteln, in den Redaktionen kaum noch halten. CULTURA setzt sich für eine vielfältige und qualitativ hochstehende Kulturberichterstattung in privaten und öffentlichen Medien ein.

Kulturwirtschaft

Kulturelle Institutionen schaffen Arbeitsplätze und tragen messbar zur wirtschaftlichen Prosperität des Landes bei. Es ist heute unbestritten, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft eine immer wichtigere Rolle bei der Bruttowertschöpfung spielt, da sie sich dynamischer als die Gesamtwirtschaft entwickelt. CULTURA will Sprachrohr für die Anliegen der Kulturinstitutionen sowie der Kulturförderung auch gegenüber Partnern im wirtschaftlichen Bereich sein.

Ethische Fragen

Unsere Informationsgesellschaft ist dadurch geprägt, dass neben herkömmlichen ethischen Fragen und ihren Behandlungen eine Reihe neuer ethischer Fragen auftauchen, auf die Antworten und Regelungsweisen offen bzw. noch nicht ausgearbeitet sind. So spielen heute Fragen des Urheberrechts, des Folgerechts, des Copyright/Copyleft, des Plagiierens und neuer Finanzierungsmodelle eine zunehmend wichtige Rolle. Zudem ergeben sich Fragen von Interessenkonflikten, umfassender Vermarktung von Kulturgut, ethischem Kodex etwa im Kunsthandel, politischer und ökonomischer Instrumentalisierung von Kulturinstitutionen und einer allgemeinen Good Governance. CULTURA verfolgt diese Entwicklungen aufmerksam und setzt sich für zukunftsorientierte und tragfähige ethische Richtlinien ein.

Keine Kultur ohne Öffentlichkeit,
keine Öffentlichkeit ohne Vermittlungsinstitutionen!

Zürich, den 14.11.2017

CULTURA Positionspapier (PDF)